Die vulkanischen Höhlen Europas bieten mehr als nur natürliche Schönheit – sie sind Tore zu alten Welten und einzigartigen geologischen Phänomenen. In den letzten Jahren hat sich der Geotourismus in vulkanischen Regionen stark entwickelt und zieht Forscher, Historiker und umweltbewusste Reisende an. Von Tausende Jahre alten Lavaröhren bis hin zu Fundstätten mit keltischem und römischem Erbe werden diese Höhlen zunehmend zu bedeutenden kulturellen und wissenschaftlichen Orten.
Auf der Kanareninsel La Palma wurden kürzlich mehrere vulkanische Höhlen für den Tourismus geöffnet. Besonders zugänglich ist die Cueva de Todoque – ein langer Lavatunnel, der durch häufige Eruptionen der Insel entstanden ist. Diese Höhlen geben nicht nur Einblicke in geologische Prozesse, sondern beherbergen auch seltene unterirdische Ökosysteme.
In Island gehört Raufarhólshellir zu den längsten Lavaröhren des Landes. Mit über 1.300 Metern Länge beeindruckt sie durch ihre Gesteinsformationen und farbenreichen Minerallager. Geführte Touren sind inzwischen ganzjährig verfügbar – eine sichere Möglichkeit, das vulkanische Innere Islands zu entdecken, auch ohne Klettererfahrung.
In der Umgebung des Ätna in Italien werden zunehmend unbekanntere Lavahöhlen für Besucher erschlossen. Darunter sind die Grotta dei Lamponi und die Grotta del Gelo, die Spuren von Lavaströmen und Vereisung zeigen. Die besonderen Mikroklimata in den Höhlen dienen zudem der biologischen und klimatischen Forschung.
Diese Höhlenräume geben Forschern wertvolle Informationen über vulkanische Aktivitäten. Gesteinsschichten, Minerale und Gase liefern Daten zu vergangenen Eruptionen und helfen dabei, zukünftige seismische Ereignisse besser vorherzusagen. Die Isolation der Lavaröhren ermöglicht auch die Untersuchung seltener Klimaphänomene.
Neue Kooperationen zwischen Geologen und Archäologen haben zu bedeutenden Funden in diesen Höhlen geführt. Werkzeuge, Keramikscherben und Gräber in den Höhlen von La Palma und den Azoren zeigen, dass diese Orte einst von Menschen genutzt wurden – entgegen früherer Annahmen, sie seien unbewohnbar.
In Island nutzen Höhlenforscher LIDAR-Technologie, um noch unentdeckte Höhlenteile zu kartieren. Allein im Jahr 2024 wurde die bekannte Höhlenlänge um 15 % erweitert – ein Zeichen dafür, dass noch viele unterirdische Kilometer verborgen liegen.
Neben geologischer Bedeutung dienen einige vulkanische Höhlen auch als archäologische Fundstätten. In der Nähe von Clermont-Ferrand in Frankreich wurden gallo-römische Artefakte gefunden – darunter Münzen, Fibeln und landwirtschaftliche Werkzeuge. Diese Funde zeigen das Zusammenspiel römischer Technik und lokaler Kultur.
In Nordspanien entdeckten Forscher in der Cueva de los Moros – einer Lavahöhle bei Vitoria – keltische Altäre, die direkt in das Basaltgestein gehauen wurden. Diese stammen laut Kohlenstoffdatierung aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. und geben Einblicke in religiöse Rituale außerhalb römischen Einflusses.
Die Azoren in Portugal haben kürzlich neue Höhlen unter Denkmalschutz gestellt. In der Algar do Carvão – bekannt für ihren Lavaschlot und einen unterirdischen See – wurden Keramikfragmente früher Siedler entdeckt. Derzeit laufen Maßnahmen zur Konservierung dieser empfindlichen Funde.
Mit der steigenden Beliebtheit der Höhlentouren wächst auch die Sorge um den Schutz der Natur. Viele Länder haben Zugangsbeschränkungen eingeführt – Island erlaubt beispielsweise nur geführte Touren in die Raufarhólshellir, während Italien digitale Zählungen zur Besuchersteuerung nutzt.
Um Schäden zu vermeiden, wurden in einigen Höhlen Gehsteige und spezielle Beleuchtung installiert. Diese Maßnahmen minimieren Eingriffe in das empfindliche Mikroklima und stören die Tierwelt, insbesondere Fledermäuse, so wenig wie möglich. In La Palma informieren Tafeln über Biodiversität und Schutzverhalten.
Naturschutzgruppen fordern zudem eine bessere Finanzierung für Überwachung und Pflege der Höhlensysteme. In Frankreich haben sich Universitäten und Gemeinden zusammengeschlossen, um gemeinsam Forschung und Erhaltung zu fördern.
Vulkanhöhlen sind lohnenswerte Reiseziele – jedoch nur mit guter Vorbereitung. Wichtig sind Helm, Stirnlampe und festes Schuhwerk. In manchen Höhlen empfiehlt sich zusätzlicher Schutz wie Handschuhe oder Knieschoner. Die Temperaturen sind unterirdisch oft konstant kühl – auch im Sommer ist warme Kleidung sinnvoll.
Heute bieten viele Höhlen geführte Touren mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden an. Einsteiger sollten kurze Touren wählen (unter 1 Stunde), während Fortgeschrittene Kletterpassagen und Kriechgänge erwarten können. Viele Höhlen in Nordeuropa sind im Winter wegen Eisbildung geschlossen – rechtzeitig informieren!
Wichtig ist auch der respektvolle Umgang mit dem Ort: Einige Höhlen haben spirituelle oder kulturelle Bedeutung für lokale Gemeinschaften. Es gilt, Formationen nicht zu berühren, Wege nicht zu verlassen und stets den Anweisungen der Guides zu folgen – nur so bleiben diese Orte für kommende Generationen erhalten.
Zu den Highlights 2025 zählt die Grotta di Santa Ninfa in Sizilien – bekannt für ihre Muster im Vulkangestein und Fossilien. Beliebt ist auch die Grjótagjá-Höhle in Island mit ihrem geothermalen Wasser und ihrer historischen Bedeutung während der Unabhängigkeitsbewegung.
In Spanien lohnt sich der La Palma Höhlenpfad, der fünf Vulkangrotten über 6 Kilometer miteinander verbindet. Auf dem Weg gibt es Infopunkte und Aussichten auf die Vulkanrücken. Frankreichs Auvergne-Vulkanpark bietet ein neues Höhlenprogramm mit interaktiven Ausstellungen für Familien.
Mit Vorbereitung und Respekt eröffnen diese Orte einzigartige Einblicke in Europas dynamische Erdgeschichte. Sie verbinden Abenteuer, Natur und kulturelles Erbe auf eindrucksvolle Weise.